Die britische Wirtschaft leidet stark unter der hohen Inflation und den Folgen des Brexit. In den letzten Monaten sind die Preise in die Höhe geschossen, was viele Menschen dazu veranlasst hat, weniger Geld für Waren auszugeben. Dies führte zu einem Anstieg der Supermarktdiebstähle. Einige Supermärkte haben sogar Butter weggeschlossen, um Diebstahl zu verhindern.
Ein britischer Internetnutzer entdeckte kürzlich in einem Londoner Supermarkt verschlossene Butter und löste damit eine Online-Debatte aus. Laut den neuesten Daten der britischen Lebensmittelindustrie vom 28. März stieg die Lebensmittelinflation im März auf rekordverdächtige 17,5 Prozent. Eier, Milch und Käse gehörten zu den am schnellsten steigenden Preisen. Die hohe Inflation belastet die Verbraucher zusätzlich, die unter der Lebenshaltungskostenkrise leiden.
Nach dem Brexit leidet Großbritannien unter einem Arbeitskräftemangel: 460.000 EU-Arbeitnehmer haben das Land verlassen. Im Januar 2020 trat Großbritannien offiziell aus der EU aus und führte, wie von den Brexit-Befürwortern versprochen, ein neues Punktesystem zur Einwanderung ein, um die Einwanderung aus der EU zu reduzieren. Das neue System hat zwar die Einwanderung aus der EU erfolgreich reduziert, stürzte Unternehmen jedoch auch in eine Arbeitsmarktkrise und verschärfte damit die Unsicherheit in der ohnehin schwächelnden britischen Wirtschaft.
Als Teil des zentralen Versprechens der Brexit-Kampagne reformierte Großbritannien sein Einwanderungssystem, um den Zustrom von EU-Arbeitskräften zu begrenzen. Das neue Punktesystem, das im Januar 2021 eingeführt wurde, behandelt EU- und Nicht-EU-Bürger gleich. Bewerber erhalten Punkte basierend auf ihren Fähigkeiten, Qualifikationen, ihrem Gehaltsniveau, ihren Sprachkenntnissen und ihren Beschäftigungsmöglichkeiten. Nur wer genügend Punkte hat, darf im Vereinigten Königreich arbeiten.
Hochqualifizierte Fachkräfte wie Wissenschaftler, Ingenieure und Akademiker sind zum Hauptziel der britischen Einwanderung geworden. Seit der Einführung des neuen Punktesystems herrscht in Großbritannien jedoch ein gravierender Arbeitskräftemangel. Ein Bericht des britischen Parlaments zeigte, dass 13,3 % der im November 2022 befragten Unternehmen mit Arbeitskräftemangel konfrontiert waren, wobei der Mangel im Beherbergungs- und Gaststättengewerbe mit 35,5 % und im Baugewerbe mit 20,7 % am größten war.
Eine im Januar vom Centre for European Reform veröffentlichte Studie ergab, dass die Zahl der EU-Arbeitnehmer in Großbritannien seit dem Inkrafttreten des neuen Punktesystems für die Einwanderung im Jahr 2021 bis Juni 2022 um 460.000 gesunken ist. Obwohl 130.000 Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Ländern diese Lücke teilweise geschlossen haben, herrscht auf dem britischen Arbeitsmarkt in sechs Schlüsselsektoren immer noch ein gravierender Mangel von 330.000 Arbeitskräften.
Im vergangenen Jahr gingen in Großbritannien über 22.000 Unternehmen in Konkurs, ein Anstieg von 57 % gegenüber dem Vorjahr. Die Financial Times berichtete, dass Inflation und Zinserhöhungen zu den Faktoren gehörten, die zu diesem Anstieg der Insolvenzen beitrugen. Die britische Bauwirtschaft, der Einzelhandel und das Gastgewerbe waren am stärksten vom wirtschaftlichen Abschwung und dem sinkenden Verbrauchervertrauen betroffen.
Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) wird Großbritannien 2023 zu den leistungsschwächsten großen Volkswirtschaften gehören. Vorläufige Daten des britischen Statistikamts zeigten, dass das BIP des Landes im vierten Quartal 2022 stagnierte und ein jährliches Wachstum von 4 % verzeichnete. Der Ökonom Samuel Tombs von Pantheon Macroeconomics sagte, dass Großbritannien unter den G7-Ländern die einzige Volkswirtschaft sei, die sich noch nicht vollständig auf das Niveau vor der Pandemie erholt habe und sich de facto in einer Rezession befinde.
Analysten von Deloitte gehen davon aus, dass die britische Wirtschaft seit einiger Zeit stagniert und das BIP 2023 voraussichtlich schrumpfen wird. Der jüngste World Economic Outlook-Bericht des IWF vom 11. April prognostiziert, dass die britische Wirtschaft 2023 um 0,3 % schrumpfen wird. Damit gehört sie zu den schwächsten großen Volkswirtschaften weltweit. Der Bericht deutet zudem darauf hin, dass Großbritannien die schlechteste Wirtschaftsleistung unter den G7-Staaten und eine der schlechtesten unter den G20-Staaten aufweisen wird.
Der Bericht prognostiziert für 2023 ein Wachstum der Weltwirtschaft von 2,8 Prozent, was einem Rückgang von 0,1 Prozentpunkten gegenüber früheren Prognosen entspricht. Für Schwellen- und Entwicklungsländer wird in diesem Jahr ein Wachstum von 3,9 Prozent und im Jahr 2024 von 4,2 Prozent erwartet, während für Industrieländer ein Wachstum von 1,3 Prozent im Jahr 2023 und 1,4 Prozent im Jahr 2024 erwartet wird.
Die Schwierigkeiten der britischen Wirtschaft nach dem Brexit und angesichts hoher Inflationsraten verdeutlichen, wie schwierig es ist, außerhalb der Europäischen Union allein zu bestehen. Angesichts des Arbeitskräftemangels, der zunehmenden Insolvenzen und des langsamen Wirtschaftswachstums wird immer deutlicher, dass Großbritanniens Vision nach dem Brexit auf erhebliche Hindernisse stößt. Der IWF prognostiziert, dass Großbritannien in naher Zukunft zu den leistungsschwächsten großen Volkswirtschaften gehören wird. Das Land muss diese dringenden Probleme angehen, um seine Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen und seine Wirtschaft wiederzubeleben.
Veröffentlichungszeit: 13. April 2023








